Dis*ka - We Only Have Music

DIS*KA gehen "verstärkt" aus den Aufnahmen zu ihrem dritten Album hervor: Schlagzeuger Enno Palucca (Goldene Zitronen) und Gitarrist Ivi Vukelic (3 Shades Of Blues) haben nicht nur dem neuen Album zu einem raueren, dreckigeren, vielschichtiger, kurz: "bandmäßigeren" Sound verholfen, sie sind auch live mit von der Partie.

Als Konstante durch DIS*KAs Werk zieht sich auch weiterhin der Blues als roter Faden. WE ONLY HAVE MUSIC ist im Gegensatz zu den beiden Vorgänger Album "Hey Disko" (2000) und "America's The Bomb" (2002) aber fast Sample-frei. Instrumente wie Schlagzeug, Gitarre oder Geige wurden live in der Echokammer (dem Label-Studio) eingespielt. Die zehn Songs der CD (Vinyl: zwölf - zwei Dis*ka-Remixe als Bonus) muten organischer an, haben aber an Tanzbarkeit nichz eingebüßt: im Gegenteil: die Trax sind da, wo es nötig ist, härter, manischer und länger als bisher. Ungerade Takte brechen das klassische 4/4 Schema auf, DIS*KA walzern und legen sich mit 7/4 und 11/8 gut quer.

01 SNEAKERS MAKE ME DEPRESSIVE ist ein Electro-Stomper mit Breaks, einem Drum'n'Bass-Lauf und einem nahezu unerkenntlichen Krautrock -Sample. Dockt in seiner reinen Programmiertheit sound-ästhetisch ans letzte Album an.

02 REDUCED TO MY DICK: im Grunde ein Remix für Electronicat's "Mause Track, der sich aber mit eigenen Vocals verselbständigt hat (zum ersten Mal: deutsche Textzeilen). Von dem angenehm-stumpfen Shuffle von Fred Bigot blieb nur der modulierte, verzerrte Basston. Dis*ka setzten dann noch die Oktaver-Swamp-Gitarre obenauf. (Electro-) Billy, here they come...

03 ELECTRONIC PARTNERS stampft im trockenen Rhythmus seiner Punk-Toms weiter. Zwei Menschen an verschiedenen Orten der Nacht, die über die Musik verbunden sind. Mit anderen Worten:

04 WE ONLY GOT MUSIC. Der Titelsong ist eine einzige kurze, kompromisslose Verdichtung, die keine Fragen beantwortet. So ein Titel kann natürlich keinen Text haben, keinen Harmoniewexel, höxtens Gäste im Geiste: Bea, Naomi und Nike von Hellfire.

05 MIXTAPE FOR MY ROBOT. Das moderne Haushalz-Robotermärchen ist die Fortführung von "Musik" als Songthema. Charakteristischer Twang-Acetone-Drumcomputer-Sound, ein treibender R'n'R-Bass treffen auf den typischen Slide-Guitar-Blues.

06 GLAMOUR IS A COLD DRUG. Dancehall-Livebass und R'n'R-Gitarre. Der Traum von Albert (auch bei Lions Den Dubshower 63) wird wahr: Raggabilly. Textlich eine Reminszenz ans kanadische Adbusters-Magazin.

07 BIG BLACK RAINBOW OVER MY LIFE. Was Menschen im Nachtleben alles so zu einem sagen (der Titel stammt aus den letzten Tagen des Ultraschall-Clubs). Musikalisch gesehen dagegen Neuland für Dis*ka: Bongo, Geige, Akustikgitarre. Lebt vom warmen, analogen Sound. Keine digitale Härte, kein Harmoniewexel.

08 BABYLONDON. Im 14/8 bzw 7/4 Takt (im Refrain sogar 11/8). Die Bassdrum hält sich stoisch an den 4/4 . Der Beat wird hauptsächlich von Percussion-Instrumenten bestimmt. Wird völlig untypisch ergänzt durch Distortion-Bass und Sequenzer-Synthies. Some Chords Are Bigger Than Others.

09 I JUST DONT KNOW HOW TO WATCH THAT TV. Fernsehentsagung, die sich zu Flimmern und Rauschen verdichtet. Musikalisch unternimmt der Track eine echte Arrangement-Kehre: startet als Lounge-Teil, wandelt sich in einen Parforce-Ritt von improvisierter Dubsession - aber ohne Brüche, ohne Bridge, ohne Harmoniewexel. Wir bleiben einfach drauf.

10 MEDIA CÖNTROL. Das letzte Kapitel soll aufräumen und auflösen. Für uns ist der Spoken-Word-Track so was wie die beruhigende Windstille nach dem Gewittersturm. Hear My Sensations: Überraschend versöhnliche musikalische Wendung: kein Keyboard, keine Programmierung, nur akustische Instrumente - Tremolo-Gitarre und Glockenspiel - fast ein 70er Jahre Sound. Abschluß des zweiten inhaltlichen Strangs: Medien. Der Text ist angelehnt an "Entsichert - Krieg als Massenkultur im 21. Jahrhundert " - dem Buch von Tom Holert &Mark Terkessidis.