da pöschl - half ghosts
Zufälle sind nicht gleich Zufälle, und weil schon Kurt Schwitters wusste, dass wenn eine Tür zufällt, dies für die besagte Türe ein durchaus aktiver, also bewußt herbeigeführter Tathergang sein kann, so sind auch bei ästhetischen (im vorliegenden Fall) musikalischen Zufällen oftmals mehr Kräfte am werkeln, als es selbst den Beteiligten klar sein mag. Doch auch bei aleatorisch-zufälligen Würfelwürfen gilt die alte Würfelpokerregel: Nicht alle Würfe zählen. Denn immer, wenn es klar zu sein scheint, wohin sich ein Track nun bewegt, wohin und wie er wohl weitergehen wird, wird ein Hacken geschlagen oder kommt etwas in die Quere, was durchaus aus einem anderen Track stammen könnte, hier nun aber weniger zu Kollisionen, denn zu Perspektivwechseln führt. Kurz: Musik wie Mobiles, die sich immer wieder selbst ausbalanciert, ohne jedoch jemals ein Gleichgewicht (von was auch immer) erreichen zu wollen. Beim Opener „Vian“ wurde der Meister Boris Via nicht nur einfach abgesampelt, sondern vom Jazz- ins Technozeitalter gebeamt. Der zweite Track „Don t́ touch me ever again“ hat Russ Meyer und dessen saftige Dialoge aus seinen Filmen zum Thema. Ähnlich „filmisch“ geht es beim „Come & Go Dub“ weiter, „Don_t Stop The Music“ flirtet mit Marvin Gaye’s „Sexual Healing“, verirrt sich dabei jedoch in eine eher graue Milchglashimmel-Landschaft und geistert mit beschlagenen Scheiben durch die Landschaft wo dann bei „No Night Touch“ zwielichtig im Kreisverkehr Pirouetten gedreht werden. Dafür sind „Beneathe The Surface“ und „Absynth“ derart versponnen und verschwurbelt als hätte sich John Carpenter durch nächtliche „Der Kommissar“-Szenen zu einem neuen Horror-Soundtrack inspirieren lassen. Mit „Bebopalula Bepop“ gibt es Electrockabilly in einer sympathischer Mofa-Version und bei „Dark Time“ schauen einem die bleiernen 70er wie abgefeimte Trickbetrüger melancholisch über die Schulter. Und wie Zufälle so spielen: Dies ist im Moment genau die Musik zur Zeit wie sie nun mal ist, aber auch eine Musik für und aus einer (noch) anderen Zeit. das mag nach viel auf den Schultern klingen, aber das meistert da pöschl mit links. Didi Neidhart